Die Bildhauerin Isa Genzken (* 1948) zählt heute zu den einflussreichsten Künstlerinnen und Künstlern ihrer Generation. Das MMK Museum für Moderne Kunst in Frankfurt freut sich, nach der großen Retrospektive der Künstlerin im Museum of Modern Art in New York, eine ganz neue Werkgruppe mit dem Titel „Schauspieler" aus den Jahren 2014 und 2015 zu präsentieren.
Seit einigen Jahren beschäftigt sich Isa Genzken in ihren Werken mit Alltagsgegenständen als Insignien der Konsumwelt und kombiniert diese mit industriellen Dekorationsmaterialien sowie mit Bildfragmenten aus den Populärmedien und persönlichen Fotografien. Auch die neueste Werkgruppe, die der Anlass zu dieser Ausstellung ist, schließt an die Suche der Künstlerin nach einer zeitgemäßen Skulptur an und ist Ausdruck ihrer permanenten Selbstbefragung und künstlerischen Erneuerung.
In der aus rund 40 Figuren sowie mehreren Boden- und Wandarbeiten bestehenden Ausstellung verbindet Genzken Versatzstücke unserer Gegenwart mit autobiografischen Elementen. Den Kern bilden die „Schauspieler", wie Genzken die Figuren nennt, die sie mit ihren eigenen abgetragenen Kleidungsstücken versieht, mit Arbeits- und Schutzbekleidung ergänzt und mit Deko-Materialien einfasst. Geblendet durch spiegelnde Folien oder mit buntem Klebeband zum Schweigen gebracht werden die Figuren zu ergreifend nahen und unverstellten Selbstporträts der Künstlerin. Seit den 1970er-Jahren hat Isa Genzken eine bildhauerische Position entwickelt, die sich kritisch mit der deutschen und US-amerikanischen Kunst der Nachkriegsjahre auseinandersetzt und dabei eine ganz eigenständige und unverwechselbare Bildsprache hervorgebracht hat. Von Anfang an befasste sich die Künstlerin mit der Definition von Skulptur und stellte Bezüge zur modernen Architektur und deren Einfluss auf den Menschen her. In den 2000er-Jahren entwickelte sie ihre eigene Assemblage-Technik: Skulpturen und Wandarbeiten aus Puppen, Plastikspielzeug, Billigwaren und Dekorationsgegenständen fügt sie zu dreidimensionalen Szenerien oder Assemblagen zusammen und akzentuiert diese mit Sprühfarbe. Die zum Teil grellen und psychedelischen, skulpturalen Werke, die wie dreidimensionale Storyboards wirken, enthalten stets Anspielungen auf die aktuellen Themen unserer Zeit und zeugen von Genzkens konsequenter Beschäftigung mit Gegenwart. Häufig spielt dabei ihre eigene Biografie und das Austarieren des Selbst zu seinem Gegenüber eine zentrale Rolle. Parallel zu ihrer bildhauerischen Arbeit beschäftigt sich Genzken seit vielen Jahren auch mit dem Medium Film, das für sie das demokratischste Medium der Bildenden Kunst ist: „Ich wollte immer den Mut haben, etwas ganz anderes, ganz und gar Verrücktes und Unmögliches oder auch Falsches zu tun. (...) Film ist für mich die Verbindung von allen Künsten und möglicherweise auch die öffentlichste Kunst, d. h. die am meisten gesehene. Das macht den Film so attraktiv, um für ihn wirklich neue Ideen zu entwickeln", erklärte einmal Isa Genzken. Die Künstlerin interessiert sich für die spezifischen Rezeptionsbedingungen, die den Film charakterisieren und überträgt diese auf ihre bildhauerische Praxis. Während der Zuschauer im Film von der Kamera durch ein Setting geführt wird, legt Genzken ihre bühnenähnlichen skulpturalen Installationen so an, dass sich die Ausstellungsbesucher deren Inhalte selbstbestimmt aneignen können. „Ich will Skulpturen machen, die eine Filmszene darstellen, also Modellcharakter haben, nicht Skulpturen im traditionellen Sinn", so Genzken.
Im Rahmen der Ausstellung im MMK 1 werden zusätzlich drei Filme unterschiedlicher Werkphasen gezeigt. „Meine Großeltern im Bayrischen Wald" wird in die Ausstellung integriert und „Zwei Frauen im Gefecht" (1974) sowie „Die kleine Bushaltestelle (Gerüstbau)" (2012) im Rahmenprogramm vorgestellt. Alle drei Filme widmen sich Genzkens Auseinandersetzung mit verschiedenen Rollenbildern sowie der Frage nach ihrer eigenen persönlichen und künstlerischen Positionierung, Themen, die auch für die „Schauspieler" von zentraler Bedeutung sind. Isa Genzken hat 2007 den Deutschen Pavillon auf der 52. Biennale in Venedig gestaltet. 2013 wurde ihr Lebenswerk im MoMA Museum of Modern Art in New York mit einer umfassenden Retrospektive gewürdigt.
Die Ausstellung ist eine Kooperation mit dem Museum der Moderne Salzburg und in enger Zusammenarbeit mit der Künstlerin entstanden.