Melvin Motis 35mm-Film The Prisoner's Cinema (2008) bildet das Zentrum seiner Einzelausstellung „When No Means On", die im MMK Zollamt gezeigt wird und Arbeiten versammelt, die noch nicht in Deutschland zu sehen waren.
Ich sah das Licht als einen Fluss von Strahlen glanzwogend zwischen zweien Ufern zieh’n [...] und aus dem Strom lebend’ge Funken sprüh’n.
So lautet Dantes Beschreibung seiner Sinneswahrnehmung beim Betreten des zehnten Himmelskreises im Paradies. Immer wieder sind Lichtphänomene als religiöse Erscheinungen interpretiert worden. Was dem einen ein spiritueller Höhepunkt nach Stunden der Klausur ist, wird von anderen als physiologische Reaktion auf eine Periode verminderter Stimulans des Gesichtssinns erklärt. Prisoner’s Cinema ist die Bezeichnung für das verschiedenfarbige, sich bewegende Lichtspiel, von dem Gefangene, aber auch Piloten oder Fernfahrer berichten, wenn sie lange in eine visuell unmodulierte und sich wenig verändernde Umgebung schauen. Hierbei handelt es sich um eine Wahrnehmung, die nicht von der Außenwelt, sondern vom Gehirn bestimmt wird. Auf diese Weise reagiert es auf eine „Unterversorgung“ mit visuellen Eindrücken. Prisoner’s Cinema, so wird angenommen, könnte auch eine naturwissenschaftliche Erklärung für Geisterscheinungen sein.
Melvin Motis 35mm-Film The Prisoner’s Cinema (2008) bildet das Zentrum seiner Einzelausstellung „When No Means On“, die vom 17. Oktober 2008 bis 18. Januar 2009 im MMK Zollamt gezeigt wird und Arbeiten versammelt, die noch nicht in Deutschland zu sehen waren. Motis primäres Medium ist der Film. Doch hat er in jüngerer Zeit begonnen, seine Filme in Verbindung mit Werken anderer Medien zu zeigen. „When No Means On“ wird diesen Ansatz fortsetzen und neben zwei Filmen Fotografien, Drucke, eine Textarbeit und eine Installation im Außenraum einschließen.
„When No Means On“ reflektiert Melvin Motis Interesse an Zuständen der Nicht-Produktivität.
Auf verschiedenen Ebenen beschäftigen sich die Arbeiten mit der Reduktion visueller Information und den Reaktionen hierauf. So ist The Prisoner’s Cinema weit mehr als die Illustration eines neurologischen Phänomens. Der Film lässt im Laufe seiner Betrachtung die Frage entstehen, in welchem Maße das Gesehene von der Innen- oder der Außenwelt generiert ist. Vollzieht sich das Gesehene tatsächlich auf der Leinwand, oder ist es das Resultat genau jener Eigenleistung des Auges, die der Film beschreibt? No Show (2004) erreicht das Thema von Vision und Imagination aus einer anderen Richtung kommend. Auf ein historisches Ereignis in der Eremitage in St. Petersburg während des Zweiten Weltkriegs Bezug nehmend, beschäftigt sich der Film mit einer Ausstellung, die nur durch einen Akt der Einbildungskraft vor Augen tritt. Immer wieder begegnet man in Melvin Motis Arbeiten ganz unerwartet dem Historischen gleich einem Geist, der sich jedem festen Zugriff entzieht. Die menschliche Vorstellungskraft wird bis an ihre Grenzen geführt und zu einer radikalen und zugleich spielerischen Ahnung einer andern Möglichkeit verleitet.
Melvin Moti, 1977 in Rotterdam geboren, studierte von 1995–99 an der Academie Voor Beeldende Vorming in Tilburg und von 1999–2001 am De Ateliers in Amsterdam. Seine Arbeiten waren u. a. in den Frac Champagne in Reims, im Stedelijk Museum in Amsterdam, im Kunstverein Köln und auf der 5. Berlin Biennale zu sehen.